In Bergen diskutierten über die Zukunft des Wintertourismus in den Alpen (von links) Bergens Bürgermeister Stefan Schneider, Rupert Fuchs, Landtagsabgeordneter aus Salzburg, die Kreisvorsitzende der Grünen Traunstein Helga Mandl und Fotograf Lois Hechenblaikner aus Tirol.
Die Zukunft des Wintertourismus in den Alpen
Diavortrag und öffentliche Diskussion im Festsaal in Bergen
Bergen. Ein Fotograf aus Tirol, ein Abgeordneter aus Salzburg und Bergens Bürgermeister Stefan Schneider diskutierten im Festsaal in Bergen mit Bürgern über die Zukunft des Wintertourismus in den Alpen. Organisatoren der Veranstaltung waren unser Kreisverband und der Ortsverband Bergen.
Bürgermeister Stefan Schneider steht für eine moderate Entwicklung des Wintersports: Er befürwortet ganz klar: „Kinder sollen raus in den Schnee.“
Ein Besucher, Herr Rathke aus Bergen, entgegnete jedoch: „Eine Woche Skifahren – Ausrüstung, Liftkarten, Hotel, etc. – ist für eine Familie mit drei Kindern doch heute schon nicht mehr erschwinglich.“ Dem stimmte Rupert Fuchs, Landtagsabgeordneter aus Salzburg (Grüne Österreich) zu: „Bei einem aktuellen Tagespass-Preis von 50 Euro gehen die Jungen doch gar nicht mehr zum Skifahren“.
Die Kreisvorsitzende Helga Mandl fragte die Anwesenden, was sie von der Prognose von Professor Bätzing halten, dass es im gesamten Alpenraum bald nur noch 300 Tourismus-Orte geben wird. Rupert Fuchs meinte: „Unter 1.500 Meter Höhe wird in Bälde Skifahren wegen Schneemangels kaum mehr möglich sein.“ Stefan Schneider hält hingegen wenig von Prognosen und sagte: „Ich möchte das, was schon da ist, den Skifahrern weiterhin zur Verfügung stellen“.
„In vielen Alpengemeinden geht der Wintertourismus heute schon zurück. Wie kann dem entgegengesteuert werden?“, fragte ein Besucher. „Viele bauen für immense Kosten Speicherseen und Beschneiungsanlagen“, berichtete Fotograf Lois Hechenblaikner aus Tirol und er zeigte Fotos von weißen Kunstschneebändern in sonst grüner Landschaft. Hechenblaikner meinte: „Eine Kunstschneepiste im Grünen, für einen 20-Jährigen aus München ist das seine Welt – er kennt das womöglich gar nicht anders.“
Rupert Fuchs aus Salzburg mahnte, dass durch die Investitionen in den Ausbau von Skigebietern mancherorts enorme Schulden entstanden sind. Die Einnahmen aus dem laufenden Betrieb reichten gerade zur Deckung der Kosten. „Die Schulden zahlt dann die nächste Generation“, sagte er.
Hechenblaikner zeigte teilweise erschreckende und sogar abstoßende Fotos von peudo-kulturellen Veranstaltungen und von völlig aus dem Ruder gelaufenen Groß-Events im Schnee. Stefan Schneider meinte hierzu: „Das Geld der Touristen soll bitte nicht unsere Kultur, unser echtes Brauchtum und unsere alpenländische Musik kaputt machen“.
Rupert Fuchs berichtete, dass Gemeinden im Salzburger Land jetzt vermehrt auf Sommertourismus setzen: „Mancherorts sind die Übernachtungszahlen in der Sommersaison schon wie im Winter.“ Und er berichtete von den vielen E-Bikern, die im Sommer das Naturerlebnis in den Bergen suchen: „Das ist gut für den E-Biker und für den Hüttenwirt (er ist selbst einer) – aber die Tiere haben das ganze Jahr keine Ruhe mehr“, so Fuchs.
Das Schlusswort hielt Lois Hechenblaikner mit dem Gedicht „Maskenball im Hochgebirge“ von Erich Kästner, in dem die Natur einem ausufernden Event ein schreckliches Ende bereitet.
Von Wolfgang Wörner
21. Oktober 2016