„Die Debatte über Krieg und Frieden darf bei den Grünen niemals enden“ (Joschka Fischer 2002)
Unter diesem Titel hielt Dr. Thomas Mohr, langjähriger Grüner aus München und Gründer von „Gewaltfrei grün“, am 21. 03. 2025 im Büro des KV Traunstein einen interessanten Vortrag. Zunächst ging er auf die Geschichte der Partei ein, bei deren Gründung der Begriff „Gewaltfreiheit“ als einer der vier Grundwerte eine große Rolle gespielt hat. Während der Kosovo-Krise, als eine Dilemma-Situation entstand, wurde die Gewaltfreiheit der Menschenrechtsfrage untergeordnet. Damals verließen viele Friedensbewegte die Partei. Dennoch hat „Gewaltfreiheit“ auch in dem aktuellen Grundsatzprogramm von 2020 große Bedeutung: „Ziel bleibt, durch eine Politik für Gewaltfreiheit mittel- und langfristig die politische Institution des Krieges zu überwinden.“
Daraufhin klärte er den Begriff „Pazifismus“. Pazifismus ist nicht gleich Passivität. Ein aktiver Pazifismus bemüht sich um den Abbau von Feindbildern, die Überwindung von Spaltung, um Deeskalation und eine gewaltfreie Konfliktkultur.
Schritte auf dem Weg dorthin sind: allgemeine Abrüstung, die Förderung eines internationalen Gewaltmonopols, soziale Gerechtigkeit weltweit und der Erhalt des globalen Ökosystems.
Dabei kommen der Zivilgesellschaft und der Politik verschiedene Aufgaben zu:
Die Friedensbewegung fördert eine pazifistische Haltung und ein Bewusstsein für gewaltfreie Konfliktlösung.
Die politischen Institutionen, dazu gehören die Parteien, können Strukturen schaffen und durch Finanzentscheidungen Konfliktprävention, Entspannung und Zusammenarbeit fördern.
Des weiteren beschrieb er die Entwicklung der Internationalen Organisationen zur Friedenssicherung von der Idee (Kant „Zum ewigen Frieden“ 1795) über den Völkerbund bis zur Charta der vereinten Nationen. (1945)
Nun sind wir im Zeitalter der Globalisierung angekommen. Wirtschaft, Mobilität und Informationsfluss sprengen die nationalen Grenzen ebenso wie die Klima-Erhitzung und die Bedrohung durch Atomwaffen. Die Institutionen der gemeinsamen Sicherheit sind jedoch noch mangelhaft. Insbesondere das Vetorecht im Sicherheitsrat sollte, statt zur Blockade genutzt zu werden, eine Chance zum gemeinsamen und ausdauernden Ringen um Konsens sein.
Laut der Präambel unseres Grundgesetzes will das deutsche Volk „dem Frieden in der Welt dienen“. Thomas Mohr stellte einige Organisationen vor, die sich um einen aktiven Pazifismus (= Frieden machen) bemühen: Das „Forum ziviler Friedensdienst“ oder „pro Peace“, das „Zentrum für internationale Friedenseinsätze“ und die „Deutsche Stiftung für Friedensforschung“.
Mohr bescheinigt der Grünen Partei die Kompetenz zu ziviler „Konflikttransformation“.
(Begriff von Johan Galtung, meint über die Lösung der Konflikts hinaus eine Veränderung der Beziehungen und der Ursachen.)
Debattenkultur ist ein Markenzeichen der Grünen. Ein weiteres Zitat aus dem Grundsatzprogramm lautet:
„Der Einsatz für eine Kultur der Gewaltfreiheit umfasst als wichtige Querschnittsaufgabe weit mehr als den Bereich der Außenpolitik.“
Mohr lässt keinen Zweifel daran, dass der russische Angriff auf die Ukraine ein eindeutiger Bruch des Völkerrechts ist. Dennoch kann und muss er mit Verhandlungen beendet werden. Dazu ist es nötig, die diplomatischen Bemühungen zu verdoppeln, Initiativen, zum Beispiel aus dem globalen Süden, zu unterstützen und im Rahmen des Völkerrechts ergebnisoffen zu verhandeln.
Die größte Herausforderung für die menschliche Sicherheit ist und bleibt die Klimakrise. Angesichts ihrer kann sich die Menschheit ein weiteres Jahrhundert der Konfrontation und der Aufrüstung nicht leisten.
Europa kann eine große Rolle für den Frieden in der Welt spielen, wenn es den Fokus von militärischem Handeln zu einer zivilen Geopolitik verschiebt und sich für die volle Umsetzung des Gewaltverbots in der UN-Charta einsetzt.
Gewaltfreier Widerstand ist eine Alternative zu militärischem Handeln. Es gibt Studien, die belegen, dass gewaltfreie Aufstände fast doppelt so wirksam waren wie gewaltsame. (Chenotweth, Stephan, 2011)
Zuletzt stellte Thomas Mohr noch die Basisorganisation „Gewaltfrei grün“ vor, die er 2023 mit anderen gegründet hat. Deren Grundkonsens lautet:
„ Als pazifistische und friedensbewegte Grüne wollen wir der Stimme des grünen Pazifismus sowohl in der Partei als auch in der Öffentlichkeit deutlich Gehör verschaffen. Politik für Gewaltfreiheit ist für uns die entscheidende Leitlinie bündnisgrüner Politik.“
In der anschließenden Diskussion ging es hauptsächlich um die Kriege in der Ukraine und in Gaza.
Vielen Dank an Thomas Mohr für seinen erhellenden und faktenreichen Vortrag und dem Vorstand des KV für seine Unterstützung.
Initiativgruppe Friedensgespräche